Hält Yoga das Herz gesund?

Dass Yoga einen positiven Einfluss auf Körper und Geist hat, ist bereits seit rund 5000 Jahren bekannt – denn so alt sind die Lehren rund um die Übungen bereits. Aber lässt sich damit auch das Herz stärken?

Von Redaktion Herzmedizin

 

Bildquelle (Bild oben): Adobe Stock / Jacob Lund 

 

Seit vielen Jahren steigt die Zahl der Menschen, die Yoga praktizieren, kontinuierlich. Im Jahr 2022 gaben mehr als 11 Millionen Menschen in Deutschland an, häufig oder gelegentlich Yoga zu machen. Sie widmen sich den Körper- und Atemübungen sowie der Meditation im Yoga-Studio oder zum Beispiel mit Hilfe einer App auf der heimischen Matte. Gründe dafür gibt es viele, denn in einer schnelllebigen, hektischen Welt können regelmäßige Momente der Achtsamkeit und Entspannung wahre Wunder bewirken. Aber ist Yoga auch für Menschen mit Herzkrankheiten der richtige Sport? Und kann die Praktik das Herz gesund halten?

Was ist Yoga?

Viele verbinden Yoga mit dem Schneidersitz und einem tiefen, entspannten „Om“, doch dahinter verbirgt sich mehr als das. Yoga ist nicht nur eine Sportart, es ist eine ganzheitliche philosophische Lehre: Ziel ist es, mithilfe verschiedener körperlicher und geistiger Praktiken beide Teile des Menschen, also den physischen und psychischen, in Einklang zu bringen. Der Begriff stammt aus dem indischen Sanskrit und lässt sich als Einigung, Einheit oder auch Harmonie übersetzen.

 

Yoga beinhaltet eine Reihe meditativer Techniken, deren Fokus auf der innerlichen Ruhe und Konzentration liegen, sowie körperliche Übungen, die Kraft und Beweglichkeit fördern. Es verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz des Wohlbefindens und lässt sich in vier Hauptbestandteile gliedern: Körperübungen (Asanas), Atemübungen (Pranayama), Konzentrationsübungen (Meditation) und Entspannungs- sowie Regenerationstechniken. Aus der jahrtausendalten Praxis haben sich inzwischen viele verschiedene Stilrichtungen entwickeln, die einen unterschiedlichen Fokus haben und in ihrem Schwierigkeitsgrad variieren – je nach Yoga-Stil kann es also entweder sportlicher oder entspannter zugehen.

Wie wirkt Yoga auf die allgemeine Gesundheit?

Ausdauersport galt lange als der Schlüssel, um das Herz gesund zu halten: Täglich 30 Minuten sogenannte Cardio-Fitness fordern die kardiologischen Leitlinien zur Prävention von Herzkreislauferkrankungen. Bei der Rehabilitation, beispielsweise nach einem Herzinfarkt, wird in erster Linie eine Ausdauer- und Leistungssteigerung der Patienten angestrebt. Yoga-Übungen werden in dem Rahmen in der Regel nicht angeboten. Dabei könnten die mentalen und körperlichen Übungen der indischen Lebensphilosophie das Herz ebenfalls schützen, so eine Analyse im European Journal of Preventive Cardiology. Laut den Untersuchungen könne die regelmäßige Yoga-Praxis die gleiche Schutzwirkung vor kardiovaskulären Erkrankungen haben wie der tägliche Ausdauersport – beispielsweise das Joggen oder Nordic Walking. Dabei wurden Daten von rund 37 randomisierten Studien im Hinblick auf die Forschungsfrage ausgewertet.

Wie beugt Yoga Herz-Kreislauf-Erkrankungen vor?

Die Analyse zeigte, dass Menschen, die regelmäßig Yoga betreiben, in der Regel weniger kardiale Risikofaktoren aufweisen. Das kann zum einen mit dem Stressabbau zusammenhängen, der beispielsweise mit der Meditation oder den Atemübungen einhergeht. Zum anderen war der Body Mass Index (BMI) und das Körpergewicht bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Studie, die regelmäßig Yogaübungen machten, durchschnittlich geringer als bei der Vergleichsgruppe. Außerdem hat laut der Studienergebnisse der Yogi-Lifestyle auch positive Auswirkung auf den Blutdruck, die Cholesterinwerte und die Herzfrequenz.

 

Grundsätzlich sind das alles Faktoren, die das Risiko einer Herz-Kreislauf-Erkrankung beeinflussen – und durch Yoga verbessert werden können. Nichtsdestotrotz sind die körperlichen Zusammenhänge noch nicht gänzlich erforscht worden, sodass weitere Studien und Untersuchungen notwendig sind, um valide Aussagen treffen zu können. Laut der Forschenden sollte Yoga aber schon jetzt bei Menschen ärztlich empfohlen werden, die sich für Ausdauersport nur schwer motivieren lassen.

Therapiebegleitendes Yoga nach Herzinfarkt

Es wird aber nicht nur im Bereich der Prävention von Herzerkrankungen geforscht – die Yoga-Praxis gerät immer häufiger in den Fokus therapiebegleitender Maßnahmen von Menschen mit Herzkrankheiten. So wurde bei einer indischen Studie untersucht, inwieweit sich Yoga als Rehabilitationsmaßnahme nach einem Herzinfarkt eignet. Dafür rekrutierte das Forscher-Team fast 4.000 Personen, die kurz zuvor einen Herzinfarkt erlitten hatten. Nach dem Zufallsprinzip erhielten diese entweder ein auf Yoga-basierendes Rehabilitationsprogramm oder eine verbesserte Standardversorgung mit Beratungsgesprächen.

 

Das Yoga-Programm umfasste wöchentliche Sitzungen von rund 75 Minuten mit sanften Übungen einschließlich Meditation, Entspannungs- und Atemkontrolltechniken. Das Ergebnis: Eine Yoga-basierte Rehabilitation verbesserte den selbstbewerteten Gesundheitszustand der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Verglichen mit der Kontrollgruppe konnten mehr Probandinnen und Probanden aus der Yoga-Gruppe wieder ihren gewohnten Aktivitäten nachgehen.

 

Allerdings konnten von den Forschenden keine eindeutigen Unterschiede in Bezug auf schwere kardiovaskuläre Ereignisse erkannt werden. Grundsätzlich lässt sich aus der Studie aber ableiten, dass Yoga im Zuge der Herzinfarkt-Rehabilitation einige Vorteile bietet: Die Praktik zur physischen und psychischen Stärkung kann das Gesundheitsbewusstsein der Betroffenen verbessern und den Krankheitsverlauf verlangsamen. Allerdings muss noch beobachtet werden, ob dieselben Effekte auch bei Patientinnen und Patienten in Deutschland eintreten: Da Yoga in Indien grundsätzlich einen sehr großen Stellenwert hat und die Bereitschaft für die Praktik größer ist, sind die Ergebnisse möglicherweise nicht übertragbar.

Kann Yoga auch Synkopen lindern?

Synkopen sind kurze Ohnmachtsanfälle, die meist nicht länger als 20 Sekunden andauern – laut Statistiken erlebt dies jeder zweite Mensch im Laufe seines Lebens. Viele Betroffene erleiden die Anfälle häufiger – und das hat massive Auswirkungen auf den Alltag. Synkopen können zu Stress, Depressionen und einer ständigen Angst vor der nächsten Episode führen und so die Lebensqualität beeinträchtigen.

 

Eine aktuelle Studie hat nun untersucht, ob Yoga Synkopen lindern kann. Dazu wurden 55 Personen beobachtet, die in einem Zeitraum von drei Monaten mindestens zwei Ohnmachtsanfälle erlitten hatten. Sie erhielten, zusätzlich zu der Standardtherapie, ein spezielles Yogaprogramm: An fünf Tagen in der Woche fanden Dehn- und Lockerungsübungen, kontrolliertes Atmen, das Halten bestimmter Körperpositionen, Meditation und Entspannungstechniken statt.

Die Forscherinnen und Forscher untersuchten nach einem Jahr, wie viele Synkopen in diesem Zeitraum aufgetreten sind. Das Ergebnis: Bei den Yogis traten in zwölf Monaten durchschnittlich 0,7 Synkopen auf – bei der Kontrollgruppe waren es hingegen 2,5. Aus der Gruppe der Yogis hatten 43 Prozent gar keine Ohnmachtsanfälle – bei der Gruppe ohne Yoga-Einheiten waren es nur 16 Prozent. Die Forschenden sind sich einig, dass die Yoga-Praxis eine gute Ergänzung zur Standardtherapie bei Synkopen ist. Der positive Effekt könne durch ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren zustande kommen, welche die körperliche Fitness, Psyche und das autonome Nervensystem beeinflussen und so Synkopen lindern können.

Hält Yoga also das Herz gesund?

Die aktuellen Studien zeigen, dass Yoga positive Effekte auf die Herzgesundheit haben kann. Die Praktik kann als eine nützliche Ergänzung zur Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen integriert werden und trägt zu einem ganzheitlich gesünderen Lebensstil bei. Allerdings ist die Datenlage noch zu begrenzt, um valide Aussagen über den Zusammenhang zwischen Yoga und der verbesserten Herzgesundheit treffen zu können. Es ist daher nötig, weitere große und gut konzipierte Studien durchzuführen, um valide Ergebnisse liefern zu können. Nichtsdestotrotz empfiehlt es sich, Yoga in den Alltag einzubinden, da es sich nachweislich positiv auf den Körper und Geist auswirkt.

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