Plötzlicher Herztod: Diese Warnzeichen sollten Sie kennen

In Deutschland erleiden jedes Jahr etwa 65.000 Menschen einen plötzlichen Herzstillstand. 60.000 von ihnen überleben das nicht. Wie es dazu kommt, dass Menschen sterben, die sich 24 Stunden zuvor noch gesund gefühlt haben – und welche Warnzeichen darauf hindeuten können.

Von Kerstin Kropac

 

03.04.2023

Bildquelle (Bild oben): iStock / Madrolly  

Was genau ist der plötzliche Herztod?

Der plötzliche Herztod zählt weltweit zu den häufigsten Todesursachen. Verstirbt eine Patientin oder ein Patient innerhalb einer Stunde nach dem Auftreten der ersten Symptome, spricht man vom plötzlichen Herztod. Ebenso, wenn eine Person tot aufgefunden wird, obwohl sie 24 Stunden zuvor noch lebend angetroffen wurde – ohne irgendwelche Beschwerden oder Schmerzen. „Der plötzliche Herztod ist ein unerwarteter Todesfall aufgrund einer kardialen Ursache – unabhängig davon, ob vorher eine Herzerkrankung bekannt war oder nicht“, erklärt Prof. Christian Veltmann, Kardiologe und Elektrophysiologe am Zentrum Elektrophysiologie Bremen.

Was sind die Ursachen für den plötzlichen Herztod?

Die Hauptursache für den plötzlichen Herztod sind schnelle Kammerrhythmusstörungen, sogenannte Kammertachykardien und Kammerflimmern. Das Herz pumpt nicht mehr, sondern zuckt nur noch, sodass kein Blut mehr ausgeworfen werden kann – es kommt zum Kreislaufstillstand. Die zweithäufigste Ursache sind sogenannte bradykarde Herzrhythmusstörungen. „Dann schlägt das Herz zu langsam oder gar nicht mehr – es bleibt quasi stehen –, was letztlich denselben Effekt hat wie das Kammerflimmern: Das Herz wirft nicht genug Blut aus, der Kreislauf bricht zusammen“, sagt Prof. Veltmann. Eine weitere seltene Ursache sind mechanisch-bedingte akute Herzkreislaufstillstände wie durch einen Riss der Aorta, einen Herzbeutelerguss oder eine akute Lungenembolie.

Was sind die Auslöser für den plötzlichen Herztod?

In etwa zwei Dritteln aller Fälle ist der Herzinfarkt der Auslöser für den plötzlichen Herztod. „Dann wird beispielsweise durch ein Blutgerinnsel ein Herzkranzgefäß verstopft und dadurch ein gewisses Areal im Herzen nicht mehr mit Blut versorgt“, erklärt Prof. Veltmann. „In der Folge können diese bösartigen Rhythmusstörungen auftreten – das sogenannte Kammerflimmern.“ Andere Erkrankungen können zu strukturellen Veränderungen des Herzmuskels und einer Einschränkung der Pumpfunktion führen. „Dazu zählen Herzmuskelentzündungen, Speichererkrankungen oder andere systemische Erkrankungen, die den Herzmuskel angreifen“, sagt Prof. Veltmann. Eine weitere – seltenere – Ursache, die vor allem jüngere Erwachsene unterhalb des 40. Lebensjahres betrifft, sind angeborene Kardiomyopathien. „Diese genetisch bedingten Erkrankungen können primär den Herzmuskel betreffen, mit Folge einer Ausdünnung oder Verdickung der Herzwand. Oder sie betreffen die Elektrik des Herzens.“

Im Notfall muss sofort eine Notärztin oder ein Notarzt gerufen werden. Im Notfall muss sofort eine Notärztin oder ein Notarzt gerufen werden, um die Überlebenschancen zu erhöhen. Bildquelle: iStock / pixelfit

Kann eine Herzmuskelentzündung zum plötzlichen Herztod führen?

Eine Herzmuskelentzündung – wie sie zum Beispiel als Folge einer Corona-Infektion auftreten kann – heilt bei konsequenter körperlicher Schonung meist folgenlos aus. In seltenen Fällen aber kann sie eine Herzschwäche oder Herzrhythmusstörungen auslösen. „Häufig merken die Betroffenen nicht, wenn ihr Herzmuskel entzündet ist“, sagt Prof. Veltmann. Wer dann weiter Sport treibt und sein Herz dadurch belastet, dem können Rhythmusstörungen drohen, die im schlimmsten Fall zum Herzstillstand führen können. „Das passiert mitunter sogar Profisportlerinnen und Profisportlern, die regelmäßig sportmedizinische Untersuchungen durchlaufen“, sagt der Kardiologe. „Eine Herzmuskelentzündung kann leider jederzeit auftreten.“

Gibt es Symptome, die den plötzlichen Herztod ankündigen?

„Das Ereignis selbst kündigt sich leider selten bis nie an“, sagt Prof. Veltmann. Treten aber Brustschmerzen auf, die in den linken Arm oder Unterkiefer oder in den Oberbauch ausstrahlen – und sind diese Schmerzen auch noch belastungsabhängig, können das Anzeichen eines drohenden Herzinfarkts sein. „Dann sollte man schnellstmöglich einen Arzt oder eine Ärztin aufsuchen“, sagt Prof. Veltmann. Dasselbe gilt für Bewusstlosigkeiten, die nicht beim oder kurz nach dem Aufstehen auftreten, sondern im Sitzen oder Liegen. Sie können auf Rhythmusstörungen hinweisen, die ebenfalls das Risiko für einen plötzlichen Herztod erhöhen.

Haben die Betroffenen Schmerzen, wenn ihr Herz stehenbleibt?

Ob die Betroffenen Schmerzen spüren, hängt von der Ursache des Herzstillstands ab. „Entsteht beispielsweise ein Riss in einer Aortenschicht, fließt das Blut in die Aortawand, und die Betroffenen berichten von einem sogenannten Vernichtungsschmerz“, sagt Prof. Veltmann. „Dagegen ist ein Kammerflimmern vollkommen schmerzlos. Es kommt zum Kreislaufstillstand und die Betroffenen brechen innerhalb von Sekunden zusammen. Ohne einen Herzschmerz zu spüren.“ Wenn Patientinnen und Patienten im Rahmen eines akuten Herzinfarktes Kammerflimmern entwickeln, haben sie möglicherweise zuvor die klassischen Beschwerden eines Herzinfarktes mit Angina pectoris – also starke Schmerzen in der Brust, womöglich auch ein extremes Engegefühl in der Brust, Arm, Kiefer oder Oberbauch.

Wovon hängt das Überleben eines plötzlichen Herzstillstands ab?

„Die Prognose des plötzlichen Herztodes ist leider weiterhin schlecht“, sagt der Kardiologe. „Viel hängt davon ab, wie schnell nach dem Ereignis ein stabiler Herzkreislauf wieder hergestellt werden kann: Wie schnell wird eine Laienreanimation begonnen? Wie schnell ist eine Notärztin oder ein Notarzt vor Ort? Wie schnell wird ein Defibrillator eingesetzt? Wie schnell erreichen die Betroffenen ein Krankenhaus, welches auf die Behandlung dieser Patientinnen und Patienten vorbereitet ist?“

Was ist im Notfall bei einem plötzlichen Herzstillstand zu tun?

Das Wichtigste ist, sofort mit der Herzdruckmassage zu beginnen und einen Notruf abzusetzen. „Passiert der plötzliche Herzstillstand auf der Straße oder in einem Umfeld mit vielen Menschen, sollte man nach Beginn der Wiederbelebungsmaßnahmen jemanden beauftragen, einen Notruf zu tätigen und einen automatischen externen Defibrillator (AED) zu suchen“, sagt Prof. Veltmann. Das Gerät leitet die Laienhelferinnen und -helfer an, wie es zu benutzen ist. Eine frühe Schockabgabe und Beendigung der Rhythmusstörung kann Leben retten.

Prof. Christian Veltmann Prof. Dr. med. Christian Veltmann, Kardiologe und Elektrophysiologe am Zentrum Elektrophysiologie Bremen, Zusatzqualifikation für invasive Elektrophysiologie und aktive Herzrhythmusimplantate der DGK, stellv. Sprecher der AG Rhythmologie und Elektrophysiologie der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie. Bildquelle: Elektrophysiologie Bremen

Lässt sich das Risiko eines Herzstillstands verringern?

Die häufigste Ursache für einen Herzstillstand ist der Herzinfarkt – daher ist der beste Schutz, einer koronaren Herzerkrankung (KHK) als Auslöser des Infarkts vorzubeugen. Das heißt: Risikofaktoren wie Rauchen oder Übergewicht sollten vermieden, Bluthochdruck und erhöhte Cholesterinwerte behandelt werden. Außerdem sollte man sich gesund ernähren und genug bewegen.

 

Für Patientinnen und Patienten, die einen Herzstillstand überlebt haben, gilt: Ist die Ursache behandelbar – wie beispielsweise ein Herzinfarkt durch Gefäßöffnung –, ist nicht unbedingt ein implantierter Defibrillator empfohlen. „Sollte aber eine nicht behandelbare Ursache für den Herzstillstand vorliegen – wie zum Beispiel im Rahmen einer angeborenen Kardiomyopathie – empfehlen wir den implantierbaren Defibrillator“, sagt Prof. Veltmann.

 

Wird eine durch einen Herzinfarkt – oder auch nicht durch einen Herzinfarkt – bedingte schlechte Pumpleistung diagnostiziert, ohne dass vorher ein Herzstillstand eingetreten ist, beobachten die Kardiologinnen und Kardiologen, ob und wie sich die Pumpfunktion unter optimierter medikamentöser Herzinsuffizienztherapie im Verlauf erholt. „Die normale Pumpleistung eines Herzens liegt bei etwa 60 Prozent Auswurfleistung“, erklärt Prof. Veltmann. „Bleibt die Pumpleistung trotz optimierter medikamentöser Therapie dauerhaft unter 35 Prozent, haben die Patientinnen und Patienten ein erhöhtes Risiko für das Auftreten von Rhythmusstörungen. Diesen Betroffenen würde man einen implantierbaren Defibrillator prophylaktisch empfehlen.“ Durch den implantierten Defibrillator kann bei verschiedenen Erkrankungen des Herzens der plötzliche Herztod verhindert werden.

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