Ersetzen Wearables nun also den Gang zur Praxis? Nein – der Besuch des/der Kardiolog*in ist natürlich unabdingbar. Wearables können aber eine sinnvolle Ergänzung sein zu den ärztlichen Therapieempfehlungen sein. So empfiehlt die European Society of Cardiology (ESC) für verschiedene Risikopatient*innen ein regelmäßiges Screening auf Vorhofflimmern, welches möglichst kontinuierlich erfolgen sollte. Die aktuell angewandten Verfahren wie Langzeit-EKGs, 12-Kanal- EKG oder Eventrekorderaufzeichnungen, welche zu verschiedenen Zeiten und Intervallen durchgeführt werden, sind aber nicht in der Lage, Vorhofflimmern mit keinen bis gering erkennbaren Symptomen zu identifizieren. Verschiedene Studien haben bereits gezeigt, dass Wearables potenziell in der Lage sind, diese diagnostische Lücke zu schließen. So könnten Wearables nach einer herzchirurgischen Operation oder Katheterablation zur Erkennung von postoperativem oder post-interventionellem Vorhofflimmern eingesetzt werden.
Sind Wearables nun also ein Lifestyle- oder Medizinprodukt? Es kommt auf das Gerät an. Daten von nicht-zertifizierten Geräte dürfen nicht für diagnostische oder gar therapeutische Zwecke herangezogen werden, Daten von zertifizierten Produkten wiederrum sollten in der Therapie akzeptiert und genutzt werden. Wichtig ist hier der richtige Umgang mit den Wearables und den Daten – sowohl von Patient*in als auch vom ärztlichen Personal. Interessierte Patient*innen sollten sich richtig mit dem Gerät befassen und es korrekt und regelmäßig tragen – nur so können die Daten korrekt erfasst und ausgewertet werden. Leider sind Wearables nicht für alle zugänglich, da die Geräte häufig sehr kostenintensiv sind. Auch, wenn sie für therapeutische Zwecke zugelassen sind, sind Wearables noch nicht in der DiGa, dem Verzeichnis digitaler Gesundheitsanwendungen der gesetzlichen Krankenkassen, aufgeführt (Stand: März 2021) – Patient*innen müssen für die Geräte also selbst aufkommen.
Auch das medizinische Personal steht vor neuen Chancen aber auch vor Herausforderungen in Bezug auf die Therapie mittels Wearables: Telemedizinische Behandlungskonzepte werden in der Medizin immer zahlreicher und viele Wearables sind bereits zertifizierte Medizinprodukte, die sichere Daten liefern – jedoch fehlen Standards für die telemedizinische Übermittlung der Daten und die datenschutzkonforme Integration in die Patientenakte. Des weiteren sind die rechtlichen Rahmenbedingungen über die Vergütung und die rechtliche Sicherheit des Arztes und der Patient*innen noch nicht eindeutig festgelegt. In der Digitalisierung des Gesundheitswesens muss also noch einiges passieren, damit Wearables im kardiologischen Alltag vollständig integriert werden können.