Herzstillstand beim Wintersport: Wiederbelebung in Höhenlagen

Skifahren und Wandern gehören vor allem in bergigen Gebieten wohl mit zu den beliebtesten Freizeitaktivitäten im Winter. Nicht selten kommt es durch Stürze zu kleineren und größeren Verletzungen, die anschließend medizinisch behandelt werden müssen. Aber was passiert, wenn unmittelbar vor Ort Erste Hilfe geleistet werden muss? Besonders der plötzliche Herztod scheint laut einer aktuellen Studie in Alpinsportarten ein zunehmendes Risiko zu sein – in erster Linie bei Menschen mit bestehenden Herzerkrankungen. Das Problem: Wenn ein Herzstillstand in extremen Höhenlagen passiert, sind auch die Ersthelfer*innen den dortigen besonderen Bedingungen ausgesetzt. Spezialist*innen haben nun untersucht, wie sich das auf die Qualität der Herzdruckmassage auswirkt und wie Rettungskräfte aber auch Begleitpersonen sich und Betroffene am besten schützen können.  

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Bei der Wiederbelebung in Höhenlagen muss man einiges beachten.
yanlev/stock.adobe.com

Wer ist besonders gefährdet?

Obwohl die Wahrscheinlichkeit, einen plötzlichen Herztod beim Bergsport zu erleiden, gering ist, ist sie im Vergleich zu Alltagsbedingungen dennoch 2- bis 8-fach erhöht. Das Risiko steigt, je mehr man sich anstrengt – selbst sportlich aktive Menschen unterschätzen dabei immer wieder die Risikofaktoren der Höhenlagen. Vor allem in den späten Vormittagsstunden und nach längerer Zeit ohne Pause, Trinken oder Essen häufen sich die Notfälle. Auch die extremen Bedingungen wie Kälte, Hitze und Höhe – eine Ursache für Sauerstoffmangel – können den Körper zusätzlich belasten. Besonders Vorerkrankte sollten dabei auf sich achten: Patient*innen, die an Bluthochdruck, einem hohem Blutcholesterinspiegel, Herzgefäßerkrankungen oder Diabetes leiden, haben eine umso höhere Wahrscheinlichkeit, einen plötzlichen Herztod zu erfahren.

Risikofaktoren: Das sollten Ersthelfer*innen beachten

Kommt es zu einem Notfall, wird in der Regel ein Rettungshubschrauber direkt zum Einsatzort gerufen. Was dabei oft nicht bedacht wird: Das Personal wird bei solchen Einsätzen plötzlich einer extremen Höhe ausgesetzt – oft ohne Zeit für Akklimatisierung. Wie wirkt sich also eine Wiederbelebung unter solchen Bedingungen auf die Qualität der Reanimation aus?

Wissenschaftler*innen stellten fest, dass die Kompressionstiefe – also die Tiefe der Herzdruckmassage – in Höhenlagen über die Zeit deutlich abnimmt. Schon nach 60 bis 90 Sekunden der Reanimation lag die durchschnittliche Tiefe unterhalb der von den Leitlinien empfohlenen Untergrenze von 50 mm. Vor allem weibliche Ersthelferinnen und Personen mit einem Körpergewicht unter 70 kg hatten Schwierigkeiten, die vorgegebene Kompressionstiefe zu halten. Zum Vergleich: Bei Ersthelfer*innen in normalen Höhenlagen (ca. 200 Metern) ließ die Kraft erst innerhalb der letzten 30 Sekunden einer fünfminütigen Herzdruckmassage nach. Besonders überraschend: Die Helfer*innen nehmen selbst meist gar nicht wahr, dass ihre Kraft nachlässt.

Das hat nicht nur Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen in Not: Die Reanimation birgt auch für die, die sie durchführen, Gefahren. Denn mit der nachlassenden Kraft verändert sich auch die körperliche Verfassung in Höhenlagen drastisch: Bei den Studienteilnehmer*innen stieg die Herzfrequenz, während die Sauerstoffsättigung im Vergleich zu 200 Metern Höhenlage signifikant sank.

Zudem gilt es bei Betroffenen auf die Körpertemperatur zu achten. Bei der sogenannten akzidentellen Hypothermie sinkt die Körpertemperatur unter 35 Grad Celsius. Personen, die unter einer solchen Unterkühlung leiden scheinen oftmals bereits tot zu sein, können aber durch Reanimation dennoch überleben. Besonders behandelnde Rettungskräfte sowie Ärzt*innen in Kliniken vor Ort müssen auf unterkühlte Patient*innen vorbereitet sein: Herzwirksame Medikamente, der Versuch das Herz mittels Schrittmacher zu stimulieren und Defibrillation sind bei einem unterkühlten Herz möglicherweise wirkungslos.

Wie verhalte ich mich richtig?

Wir wissen also, dass das Erste-Hilfe-Leisten in Höhelagen von den extremen Bedingungen beeinflusst wird – eine Tatsache, die sich Ersthelfer*innen bewusst vor Augen führen müssen, um sich und den betroffenen Menschen zu schützen. Die internationalen CPR-Leitlinien raten aktuell, nach circa zwei Minuten den/die Ersthelfer*in zur Durchführung der Herzdruckmassage zu wechseln. Ab einer Höhenlage von ca. 3.000 Metern kann dieser späte Wechsel jedoch schon zu fatalen gesundheitsgefährdenden Folgen führen. Es gilt also: Trotz der bestehenden Leitlinien idealerweise schon vor Ablauf der zwei Minuten wechseln. Sowohl erfahrene Rettungskräfte als auch Passant*innen oder Begleitpersonen, die als Ersthelfer*innen vor Ort sind, sollten unbedingt, zusätzlich zu dem der betroffenen Person, auch auf ihr eigenes körperliches Befinden achten.

Technische Hilfe

Mechanische Hilfsmittel, wie mechanische Thoraxkompressionsgeräte, könnten die Wiederbelebung für alle Beteiligten nicht nur einfacher, sondern auch sicherer machen. Solche Geräte schaffen eine kontinuierliche Kompression und lassen, selbst bei langandauernden Wiederbelebungsmaßnahmen, nicht nach. Das Problem: Neben der Zugänglichkeit in teilweise sehr schwierigen Bedingungen ist ein klarer Nachteil, dass der Einsatz der Geräte ein Training erfordert. Zudem sind sie von Batterien abhängig, was gerade bei extremer Kälte problematisch werden könnte.

Prävention durch Sport

Regelmäßiger Sport kann dem plötzlichen Herztod entgegenwirken. Dabei geht es nicht nur um eine verbesserte allgemeine Ausdauer: Sportler*innen sollten sich unbedingt auch an die für die jeweilige Sportart typischen Belastungen und Bedingungen gewöhnen. Das bedeutet beispielsweise für Skilangläufer*innen, neben dem Ausdauertraining der Beinmuskulatur auch die Armmuskulatur zu stärken. Wer sich über seine körperliche Verfassung unsicher ist, dem kann ein sportmedizinischer Belastungstest helfen. Werte wie Herzfrequenz, Herzrhythmus, Blutdruck, Atemfrequenz und Blutlaktatkonzentration werden dabei genau gemessen und helfen, das eigene Fitnesslevel besser einzustufen. Zum zusätzlichen Puls-Tracking, beispielsweise während des Wanderns, können spezielle Uhren oder andere Wearables helfen. Für einen maximalen Wanderpuls gilt folgende Faustregel:  220 minus Lebensalter.

Vorbereitung ist alles

Das A und O für eine sichere Wanderung oder Skifahrt sind natürlich regelmäßige Pausen, genügend Trinken und Essen – und das alle 30 bis 60 Minuten. Für einen ruhigen und erholsamen Urlaub in den Bergen gilt es aber vor allem auch, dem Körper Zeit und Regeneration zu geben: Ruhe oder nur geringe Belastungen am ersten beziehungsweise an den ersten Tagen und langsame Steigerung helfen, den Körper an die Höhenlage und die ungewohnten Bedingungen zu gewöhnen. Überstürzte Profi-Wanderstrecken oder schwarze Skipisten verderben meist allein schon wegen der plötzlichen starken Belastung der Muskeln die darauffolgenden Tage. Urlauber*innen sollten die Anstrengung zudem an ihr Risikoprofil und das Belastungsempfinden anpassen: Normales Unterhalten sollte während der Aktivität möglich sein.

Trotz der scheinbar großen Herausforderung für Helfer*innen und Betroffene, sollte und muss immer geholfen werden. Angefangen beim Notruf, über das Zusammenfinden ausreichend vieler Ersthelfer*innen bis hin zur tatsächlichen Reanimation, bis die Rettungskräfte eintreffen – Erste-Hilfe Maßnahmen sind extrem wichtig, um Leben zu retten.

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